Sonntag, 10. September 2017

| Rant | Alle meine Leben




Fakten 

 
Originaltitel: All These Lives
Originalsprache: Englisch
Autor: Sarah Wylie
Erscheinungsdatum: 2012
Buchreihe: Einzelband
Seitenanzahl: 315 Seiten
 

deutsches Cover
englisches Cover
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Inhalt


Die 16-jährige Dani ist überzeugt, sie besitzt neun Leben. Schließlich hat sie schon als Kind zweimal einen tödlichen Unfall überlebt. Ihre Zwillingsschwester Jena dagegen scheint nur über ein Leben zu verfügen – und selbst das schwindet dahin. Dani, voller Angst aber auch Schuldgefühle gegenüber der leukämiekranken Schwester, schließt einen Pakt mit dem Schicksal: Sie wird ihre überzähligen Leben aufs Spiel setzen. Vielleicht reicht das Universum sie dann an jemanden weiter, der so ein Leben viel dringender braucht als sie. Jemanden wie Jena. Doch als Dani ihr Spiel schließlich auf die Spitze treibt, muss sie der Wahrheit ins Gesicht sehen. Vielleicht hat sie gar nicht neun Leben zur Verfügung. Vielleicht hat auch sie nur dieses EINE. Und das zu leben erfordert all ihren Mut.
 

Meine Meinung


Eigentlich, hatte ich mich auf die Lektüre „Alle meine Leben“ gefreut. Und eigentlich mag ich die Grundidee die der Handlung zugrunde liegt immer noch. Eigentlich. Aber eigentlich denke ich auch dass das absoluter Bullshit war was die Autorin sich da zusammen gestottert hat.

Im Grunde geht es um Dani; ihre Zwillingsschwester Jena ist todkrank. Sie hat Leukämie – so wie alle Teenies in Jugendbüchern, anscheinend gibt es keine andere Krankheit, an der man dahin siechen kann. Dani ist der Meinung, dass sie neun Leben hat – denn sie hat in frühster Kindheit einen schweren Autounfall und eine Bauchfellentzündung überlebt. So weit so gut. Tatsächlich hat mir die Ausgangssituation gefallen und habe mich auf ein tragisches Buch mit einigen Lektionen und gut platziertem Humor eingestellt. Das war meine Vorstellung. Jetzt kommt die Realität.

Im Laufe der Geschichte experimentiert Dani quasi mit dieser Theorie der neun Leben. Und immer wenn sie fast gestorben wäre, geht es ihrer Schwester wieder besser – die an den Tagen, an denen Dani das Himmelfahrtskommando startete, schonmal Blut kotzend in der Ecke hockte. Aber dazu kommen wir später nochmal, ich möchte euch natürlich nicht vorenthalten, warum der Anfang schon absolut Scheiße war.

Obwohl, der Prolog geht eigentlich noch. Der Leser wird ins Geschehen geschmissen und man erfährt sofort das Wichtigste: Jena ist krank, also hat die gesamte Familie aufgehört zu leben und existiert ausschließlich noch um Jena zu unterstützen. Es wird ohne Wertung, ohne Details einfach nur geschildert. Der Leser kann sich selbst ein Bild davon machen, wie er dazu steht. Und hier ist das Gute (zum Großteil) auch schon vorbei.

Denn Dani ist eine Rotzgöre, wie sie im Buche steht. Das ist nicht lustig, das ist nicht selbstbewusst, das ist nicht rebellisch. Das Mädel verhält sich respektlos, ekelhaft, abwertend und einfach nur dämlich. Keiner ist vor ihrem Geplärre sicher, sie mobbt ganz gerne zwei bestimmte Mitschüler und erlaubt sich über alles und jeden ein Urteil. Denn hey, ihre Schwester ist krank! Und das Schlimmste ist, dass sie diesen Freifahrtschein auch noch großzügig von den Lehrern ausgehändigt bekommt. Sorry, bei allem Mitgefühl und Verständnis für gewisse Umstände; du bist trotzdem für deine verdammten Handlungen verantwortlich! Und da werde ich ihr verhalten auch nicht mit ihren bescheidenen 16 Jahren entschuldigen.

Nein, wirklich. Am meisten an diesem ganzen Buch hat mich dieses Weib aufgeregt. Sie geht zu einer Party und säuft sich da um Sinn und Verstand. Warum weiß keiner, den Grund weiß wohl nur Dani., betont aber immer wieder dass sie ja einen Grund hat. Alles klar, lasst uns Rätsel raten! So, da flirrtet sie ein bisschen mit einem gewissen Spencer, der in etwa so wichtig und interessant wie mein Frühstück ist. Dann wird sie nach Hause gefahren, ist stockbesoffen, stiftet ihre Schwester an nach draußen zu gehen. Die unterhalten sich ein bisschen, Mutti kommt und macht Stress – weil schwaches Immunsystem und Kälte. Und Dani springt in den eiskalten See/Pool und will ertrinken. So jetzt erklärt mir mal bitte einer wo der Sinn darin bestand.

Mag ja sein, dass sie im Grunde nur ihre Theorie mit den neun Leben testen wollte und das alles in der Hoffnung tat, dass sie ihrer Schwester praktisch ein Leben abgibt. So wird das ja auch immer und immer wieder gesagt. Aber man kann Danis Gedankengängen einfach mal kein bisschen folgen, weil sie nämlich jeglichen Ansatz von Verständnis und Sympathie, den ich ihr entgegengebracht hätte im Keim erstickt, indem sie sich wie die Prinzessin auf der Erbse aufführt und erstmal schön ausführlich alles und jeden verurteilt.

Und die Autorin hält sich ja auch gar nicht weiter damit auf. Sie dümpelt da im See rum, bis ihr Vater sie raus zieht. Dann kriegt sie ein bisschen Gemecker ab und am nächsten Tag mobbt sie wieder ihren Mitschüler. Gibt strunzendämliche Kommentare von sich, die angeblich lustig sein sollen. Dem Weib sollte man ein Maulkorb verpassen, so lustig fand ich ihr Palaber!
Hin und wieder schwenkt die Story dann zu ihrer nicht vorhandenen Schauspielkarriere um. Dani spricht für Werbespots und so vor; ihr Vater begleitet sie dahin. Dort erlaubt sie sich auch über alles und jeden ein Urteil, stellt sämtliche Erztötungsmethoden anderer Eltern infrage und nimmt sich die Frechheit heraus diese auch noch laut auszusprechen. Gut, sie kann ihre Meinung haben, gerne. Sie kann denken was sie will und im Grunde kann sie auch sagen was sie will. Aber, es gibt nun mal einen sehr großen Unterschied zwischen seine Meinung sagen und jemanden beleidigen. Und Dani tut nun mal letzteres und das über die gesamte Story hin gestreckt.

Nach einigen endlose langen Modekritiken von Dani, geht es Jena nicht so gut. Sie hat einen schlechten Tag, hat hohes Fieber, muss sich übergeben und diese ganzen grauenvollen Sachen die dazu gehören, wenn der Körper kämpft. Die Eltern beschließen dass sie mit Jena ins Krankenhaus fahren und Dani fährt zu Spencer, überredet diesen dass er sie auf seinem Motorrad mitnimmt und sobald er absteigt brettert sie alleine los und gurkt mit hundert Sachen gegen einen Baum. Mit Absicht wohlgemerkt.

Wie gesagt, an sich fand ich diese Grundlage der Story eigentlich vielversprechend. Ein Mädchen geht davon aus dass sie neun Leben hat, weil sie schon so manches überlebt hat, woran andere zugrunde gegangen sind. Dazu kommt noch dass ihre Mutter ihr das von klein auf erzählt hat – die saß ebenfalls mit im Auto bzw. fuhr das Auto, als das erste Leben abhandengekommen ist. Und von diesem Mädchen ist die Schwester todkrank. Es wurde zwar nie gesagt, dass Jena eigentlich umsonst kämpft, aber Krebs ist Krebs. Da bleibt ja, egal wie heilbar manche Arten heutzutage sind, immer ein Restrisiko dass es vielleicht doch ohne Vorwarnung und mit voller Kraft woanders oder später zuschlägt. Und weil sie möchte dass ihre Schwester diesen Kampf gewinnt, hat sie die Theorie dass immer wenn Dani ein Leben verliert, es an Jena geht. Deswegen geht es Jena immer besser, sobald Dani mal wieder ein Himmelfahrtskommando gestartet hat. Mag Geschmackssache sein, aber ich empfand das schon als vielversprechend, wenn es denn ordentlich geschrieben ist.

Eigentlich hatte ich eine bewegende Geschichte zweier Schwestern erwartet, vielleicht ein bisschen philosophisches Palaber inwieweit zwei Leben wertvoll sind und inwieweit man sowas moralisch vertreten kann. Sich selbst in Gefahr zu bringen, um einen anderen zu retten. Sein eigenes Leben wegzuschmeißen, während die andere Person des Lebens beraubt wird. Jemandem es anzutun mit dem Verlust zu leben, weil man seine Theorie nicht beweisen konnte. Auf solche Themen habe ich mich eingestellt. Stattdessen fährt die Dummbratze also mit dem Motorrad gegen den Baum, überlebt natürlich. Ein bisschen gebrochenes Handgelenk, eine Woche zu Hause bleiben, halbherzige Standpauke der Eltern und abgehakt ist das Thema.

Ich weiß gar nicht mehr was danach passiert ist, weil alles so ein bisschen in der Dummheit der Protagonistin untergegangen ist. Sie mobbt weiterhin fleißig ihre Mitschüler, warum auch immer einer, von denen dann auch noch auf sie steht. Die Familie beschließt dann einen Kurzurlaub zu machen; mit dem Wohnwagen zu einem Campingplatz zu fahren. Dort geht es Jena wieder schlechter, sie sagt aber selber, dass sie einfach nur einen schlechten Tag hat. Ich kenne mich mit Krebs jetzt nicht aus, doch ich würde mal sagen dass jemand schon selber beurteilen kann wie es ihm geht. Es ist ja schließlich ihr Körper und sie hat die ganzen Symptome. Ich denke, man kann sich da auf den Patienten und die Tatsache verlassen, dass er „Heute ist ein schlechter Tag“ und „Ruf den Notarzt!“ unterscheiden kann. Dani geht ins Badezimmer und schluckt mal eben eine Handvoll Pillen; irgendwelche Schlaftabletten die ihrer Mutter gehören.

Sie betet eine Runde den Porzellangott an, lügt ihre Mutter an, sagt dass sie nur was Falsches gegessen hat. Und der Urlaub ist dann auch schon vorbei. Es wurden keine Gefühle, keine Gedanken, kein irgendwas behandelt. Man kann immer noch nicht so genau nachvollziehen, warum Dani dass jetzt eigentlich macht. Ja, es ist ihre Schwester. Aber das kann man mir nicht einfach hinwerfen. Menschen stehen immer unterschiedlich zueinander, ich muss die Beziehung der beiden schon nachempfinden können. Muss raus lesen können dass ihre Schwester für sie der wichtigste Mensch der Welt ist. Aber nix da, nada. Ist halt einfach so, akzeptier das!

Nachdem ein Ehestreit der Eltern eingestreut wurde, weil der Vater wieder heimlich mit rauchen angefangen hatte und Dani das ganze auch noch sehr unsensibel bis hin zu einer Scheidung weiterspinnt, gehen die Eltern aus. Beziehungsweise zu einer Bibelstunde, als teil der Streitschlichtung. Ich würde sowas nicht machen, aber hey, sollen sie machen. Was auch immer sie möchten, was auch immer ihnen hilft. Jena und Dani sind alleine zu Hause, gehen Süßigkeiten kaufen und in den Park. Leider kommt mal wieder überhaupt nicht rüber, ob die beiden sich jetzt nun nahe stehen oder ob sie einfach nur dieselben Eltern haben. Jedenfalls, bekommt Jena Nasenbluten. Dani rennt nach Hause, um Jenas Medikamente zu holen, der Notarzt kommt. Jena wird mitgenommen. Und dann läuft Dani los, rennt, denkt unzusammenhängende Gedanken und stürzt sich von einer Klippe.

Leider hat auch das nicht geklappt. Ernsthaft, am Ende war ich einfach nur noch so genervt von dieser Göre, dass ich mir sehnlichst gewünscht habe dass ihre überdramatisierten Suizidversuche doch endlich mal mit einem Erfolg gekrönt werden! Stattdessen bekommt man ein Kapitel, in dem wohl angedeutet werden soll dass sie dem Tod wirklich nur knapp von der Schippe gesprungen ist. Es gibt ein oder zwei Gespräche a la sowas kannst du nicht machen, dein Leben ist so wertvoll, deine arme Schwester und blablabla. Dani ist nicht mehr suizidgefährdet, Jena kämpft weiter. Ende.
 

Fazit


Ihr seht also „Alle meine Leben“ war einfach nur anstrengend. Aus einer vielversprechenden Idee wurde eine Geschichte mit einer unerträglichen Protagonistin geschustert, die alles und jeden verurteilt und sich von einem Suizidversuch in den nächsten stürzt ohne das dabei auch nur ansatzweise sowas wie Gefühl rüber kommt. Ich war einfach nur genervt von der Geschichte und habe nicht im mindesten irgendein Verständnis oder ähnliches für Dani aufbringen können.
 
 
 1/5 Sternen
 

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