Sonntag, 22. Mai 2016

| Rezension | Überraschend anders



Fakten


Originaltitel: -
Originalsprache: Deutsch
Autor: Melissa C. Feurer
Erscheinungsdatum: 2015
Buchreihe: Einzelband
Seitenanzahl: 255 Seiten
 
 
 
Cover


Inhalt

 
Sam ist überglücklich. Endlich ist sie mit Luca, dem großen Bruder ihrer besten Freundin zusammen, den sie schon seit Jahren anhimmelt. Blöd nur, dass ihre Familie davon nicht wirklich begeistert zu sein scheint. Und blöd nur, dass einem keiner verrät, wie es nach dem Happy End eigentlich weitergeht …

Meine Meinung

 

Ich werde versuchen bei dem Buch „Überraschend anders“ zwei große Bestandteile der Handlung getrennt zu bewerten. Auf der einen Seite der Bewertung stehen die Charaktere, der Handlungsverlauf und das umgesetzte Potenzial. Auf der anderen Seite steht das Thema, welches für mich persönlich ein riesiges Problem dargestellt hat. Da dieses Problem allerdings eine Überzeugung ist und nichts Grauenhaftes verherrlicht, versuche ich wirklich getrennt an die Sache heranzugehen.

Anders als in den meisten Jugendbüchern beginnt diese Geschichte mit dem Happy End. Sam hat sich ihren Traumprinzen Luca geangelt und die Beiden funktionieren von Anfang an sehr gut zusammen als Paar. Sie benehmen sich tatsächlich wie ein richtiges Paar, vernachlässigen nicht alles und jeden in ihrer Umgebung und funktionieren dennoch als eigenständige Charaktere. Wobei man das mehr von Sam behaupten kann, dass mag aber auch daran liegen das der Leser Luca nicht alleine, sondern nur im Zusammenspiel mit Sam erlebt.

Melissa C. Feurer hat einen einfachen Schreibstil, durch den sich das Buch schnell und angenehm lesen lässt. Sie lässt den Leser komplett in Sams Gefühls – und Gedankenwelt eintauchen, wodurch ihre Probleme greifbar und nachzuvollziehen sind. Die großen wie die kleinen Konflikte sind immer begründet. Auch, wenn einige Problemchen wirklich nicht hätten sein müssen, so kann man diese aber noch mit dem Alter der Protagonistin entschuldigen.

Was mir noch sehr gut gefallen hat war die Darstellung der Beziehung zwischen Sam und ihrer älteren Schwester. Diese Beziehung hat mir wirklich sehr gut gefallen. Es war alles dabei was Geschwisterbeziehungen ausmachen: Verbundenheit, Verständnis, Streitigkeiten, Gespräche und die Tatsache dass man sich trotz allem aufeinander verlassen kann, egal welcher Elefant gerade im Raum steht. Ich habe während des Lesens tatsächlich meine eigene Schwester angerufen und ihr von diesem Teil der Geschichte erzählt. Ich kann nicht genau den Finger drauf legen, aber irgendwas hat mich an dieser Schwesterbeziehung richtig fasziniert.

Ein weiterer Pluspunkt war für mich die Art und Weise wie Sam mit ihren Problemen umgeht. Sie schweigt nichts tot, sondern lässt den Konflikt kurz auf sich wirken um dann nach einer Lösung zu suchen. Leider ist der große Konflikt, das Hauptproblem, dann etwas gewesen mit dem ich einfach nicht klarkomme beziehungsweise warm geworden bin. Sam, ihre Familie und eigentlich all ihre Freunde sind überzeugte Christen. Und zwar so richtig, mit „Gott hier.“ und „Gott da.“ und „Lasset uns beten.“ und „Ich sprach mit Gott.“ und weiß der Geier was noch alles.

Ich bin überzeugte Atheisten und kann demnach mit dem Thema nicht wirklich viel anfangen. Ich habe noch nie gebetet und auch noch nie wirklich ernsthaft in einer Bibel gelesen. Eigentlich besitze ich nur eine, weil die damals kostenlos vor meiner Oberschule verteilt wurden und der Typ mich einfach nicht in Ruhe gelassen hat, bis ich eine kleine Taschenbibel annahm. Die Tatsache das der Glaube für unsere Protagonistin einen so großen Teil ihres Lebens ausmacht ist mir befremdlich, jedoch auch irgendwo interessant. Ich habe durchaus Respekt davor, dass man so viel Kraft aus seinem Glauben schöpfen kann und es beeindruckt mich wirklich, wie sehr das manchen Menschen hilft. Und das war auch hier der Fall. Der Glaube ist für Sam ständig präsent, sie lebt ihn und er hilft ihr.

Sam, als überzeugte Christin, und Luca, als überzeugter Atheist, versuchen also ihre Probleme irgendwie zu bewältigen und auch dafür kriegen sie Pluspunkte. Dass man sich ein solches Problem in diesem Alter annimmt ist nicht wirklich selbstverständlich. Vor allem bei so einem Thema spielt da ja dann noch so einiges mit rein, was die Weltansicht, Beziehungen und die gesamte Lebensweise bestimmt. Allerdings, muss ich auch ganz ehrlich sagen, dass es für mich so gewirkt hat als würden die Atheisten hier die Bösen sein. Luca wird von der Autorin nicht so dargestellt, überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil. Er kommt zu Wort, darf seine Überzeugungen darlegen und akzeptiert seine Freundin mit ihrem tiefen Glauben so wie sie ist. Und es ist auch nicht Sam, die hier den Zeigefinger erhebt. Es sind die anderen Charaktere die dann manchmal Dinge raushauen, die einen Atheisten wie den Antichristen schlechthin darstellen.

Manchmal bekommt man als atheistischer Leser also das Gefühl, dass die Autorin mit dem erhobenen Zeigefinger rumfuchteln würde und alle Ungläubigen bekehren oder verurteilen will. Um aber zehn Seiten später zu erklären, dass jeder selbst wissen muss woran er glaubt und vor allem wie er dann mit seinem Glauben umgeht und ihn lebt. Leider, gelingt der Autorin dieser Spagat nur äußerst selten.

Trotz allem würde ich „Überraschend anders“ als durchschnittliches Jugendbuch bewerten. Rein von den Charakteren und dem Schreibstil und die Art der Konfliktbewältigung habe ich nicht viel auszusetzen. Und ein Buch schlecht zu bewerten, weil ich mit der Überzeugung der Protagonisten nicht warm werde? Das bin ich nicht. Leben und leben lassen. Deswegen diese getrennte Bewertung. Immerhin wird hier kein Mord oder ähnliches verherrlicht. Es geht um Religion, was auch einfach ein sehr schwieriges Thema ist. Ich persönlich komme damit einfach überhaupt nicht klar und muss mich auch oft gedanklich stoppen um keine Vorurteile zu entwickeln. Alles was ich über die christliche Mythologie weiß habe ich aus „Supernatural“ und meine Kirchbesuche beschränken sich auf ein jährliches Kerzen anzünden für einen verstorbenen Bekannten und das auch eher aus Solidarität einer Freundin gegenüber, die das jedes Jahr machen möchte.

 

Fazit


Überraschen anders“ ist tatsächlich anders. Sam ist eine sympathische Protagonistin, die ihre Probleme mit Bedacht angeht und irgendwie versucht einen Mittelweg zu finden. Auch Luca und alle anderen Charaktere sind mehr oder weniger sympathisch. Der Glaube spielt eine sehr große Rolle, was mir als Atheist manchmal zu viel wurde, allerdings immer im Rahmen des „erträglichen“ bleibt. „Überraschend anders“ wird mein letztes Buch der Autorin gewesen sein, nicht weil sie nicht schreiben kann, sondern weil ich ihre Überzeugungen nicht teile.


3/5 Sternen





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