Sonntag, 3. April 2016

| Rezension | Dein eines, wildes, kostbares Leben




Fakten


Originaltitel: Golden
Originalsprache: Englisch 
Autor: Jessi Kirby
Erscheinungsdatum: 2013
Buchreihe: Einzelband
Seitenanzahl: 299 Seiten
 
 
deutsches Cover
englisches Cover

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Inhalt

 
„Sag mir, was hast du vor mit deinem einen, wilden und kostbaren Leben?“ Diese Frage stellt ein Englischlehrer seiner Abschlussklasse. Die Antworten darf jeder in ein Tagebuch schreiben, das danach eingesammelt und zehn Jahre unter Verschluss gehalten wird. Die 17-jährige Parker Frost weiß zumindest, was man von ihr erwartet: zum Medizinstudium nach Stanford. Am besten mit dem Stipendium, das zu Ehren von Julianna und Shane eingerichtet wurde, die vor zehn Jahren nach einem Autounfall verschwanden. Als Parker durch Zufall das Tagebuch von Julianna findet und darin liest, ist sie erschüttert. Denn deren Leben stellt sich plötzlich ganz anders dar. Was geschah damals, in der Nacht des Unfalls? Und ist es möglich, dass Julianna noch am Leben ist? Das Ergründen von Juliannas Geheimnis bedeutet für Parker letztlich eine Reise zu ihrem innersten Selbst und zu dem, was sie wirklich will.
 
"Aber jetzt ist mir klar, dass es nicht die Entscheidung ist, die des Mutes bedarf. Es ist die Konfrontation mit den Konsequenzen. Dazu zu stehen, egal, ob sie gut oder schlecht sind." - S. 288

Meine Meinung

 

Dein eines, wildes kostbares Leben“ ist eines von diesen Büchern. Man liebt die Idee und sieht an jeder Ecke das Potenzial, doch die Umsetzung lässt zu wünschen übrig. In diesem Fall hat die Umsetzung mich sogar in einem bestimmten Punkt richtig aggressiv gemacht, aber dazu später mehr.

Jessi Kirby hat einen wundervollen Anfang geschrieben, ihrer Protagonistin eine Persönlichkeit eingehaucht und diese vor eine schwierige und sehr persönliche Frage gestellt. Anfangs war Parker mir sympathisch und ihr durchgeplantes Leben erschien mir nicht unbedingt grauenvoll, sondern langweilig. Allerdings langweilig auf eine Art und Weise die nicht negativ aufstößt. Ihre Lebenseinstellung passte zu der Grundthematik des Buches und unterstützte die anfängliche Fragestellung.

Die Idee mit dem Tagebuch der verschwundenen Julianna Farnetti hat mir ebenfalls gefallen und für einen schönen Kontrast in der noch dünnen Story gesorgt. Die Tagebucheinträge sind schön geschrieben, durchzogen von einer gewissen Sehnsucht, die man nachvollziehen kann. Der Leser möchte wissen was diesem Mädchen passiert ist und es hätte eine wunderschöne und tragische Geschichte werden können. Parker erwähnt mehr als einmal, dass Julianna und Shane das absolute Traumpaar waren und als eine Art traurige Legende in der Stadtgeschichte eingegangen sind.

Anfangs sah auch alles danach aus dass dieses Buch die Geschichte einer Tragödie ist. Und auch wenn solche Geschichten deprimierend sind, so können sie ebenso gut sein. Ich gehöre anscheinend zu der Minderheit der Personen die hin und wieder mal ganz froh ist, so einen emotionalen Brocken in der Hand zu haben, anstatt ständig über Glitzerwelten und Fantasiebeziehungen zu lesen.

Leider hat Jessi Kirby eine andere Richtung gewählt. Sie hat einen Konflikt in Juliannas Leben hineingeschrieben, der viel zu schnell geht und völlig unrealistisch wirkt. Dass Parker sich dann so in diese Geschichte hineinsteigert mag man anfangs noch verstehen. Es ist halt ihre Art aus ihrem langweiligem Leben auszubrechen und sich selbst zu fragen was sie mit ihrem Leben anfangen möchte. Doch spätestens ab einem gewissen Punkt habe ich mich nur noch gefragt ob dieses Mädchen an Realitätsverlust leidet.

Es ist wirklich schwierig meinen größten Kritikpunkt an der Geschichte zu begründen ohne zu verraten was mich so aufgeregt hat, denn das wäre der größte Spoiler überhaupt. Parker steigert sich immer weiter in das Leben von Julianna hinein und besitzt die Dreistigkeit und Frechheit Menschen mit Ereignissen von vor zehn Jahren zu konfrontieren. Genau den Menschen die davor weggelaufen sind. Am Ende der Geschichte hat mir einfach nur noch eine bestimmte Person unglaublich leidgetan, weil er einfach stiefmütterlich behandelt wurde und man seine Existenz mit einem Schulterzucken abtat und sich nicht weiter darum scherte. Obwohl gerade diese Person eigentlich eine sehr große Rolle im Leben einer anderen Person gespielt hat. Diese Konstellation und dieser Handlungsverlauf für den Jessi Kirby sich hier entschieden hatte hat mich wahnsinnig aufgeregt und einfach nur stellenweise richtig aggressiv werden lassen. Noch dazu hat es mir die Protagonistin Parker auf einen Schlag unsympathisch gemacht. Sie bekommt ihr eigenes Leben nicht so auf die Reihe wie sie gerne würde und deswegen stochert sie in den schmerzhaften Erinnerungen anderer Menschen? Das ist für mich schon an der Grenze zu "moralisch verwerflich".

Das Ende konnte dann auch nicht mehr viel raus reißen. Es bleibt kaum Platz für Parkers Geschichte, für ihre Entscheidungen und ihre Entwicklung. Dafür wurde zu viel über die Vergangenheit philosophiert. Jessi Kirby hat sich eindeutig zu wenig auf die lebenden Personen in diesem Buch konzentriert und vernachlässigt die Charakterentwicklung der Protagonistin. Die letzten Seiten sind dann irgendwie zusammengeschustert um wenigstens ein passables Ende zu finden.

Fazit

 
Alles in allem besteht „Dein eines, wildes, kostbares Leben“ aus einem grandiosem Anfang mit tollen Lebensweisheiten und einer Grundthematik die den Leser selbst zum Nachdenken bringt. Doch je weiter die Geschichte voranschreitet, umso mehr konzentriert Jessi Kirby sich zu sehr auf die Vergangenheit und schlägt eine Richtung ein, die bei mir persönlich, auf völlige Ablehnung gestoßen ist. Es ist wirklich schade. Ich glaube das Buch hätte etwas besonderes werden können.


3,5/5 Sternen

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