Freitag, 15. Januar 2016

| Rezension | Tschick

 

Fakten

Originaltitel: Tschick
Originalsprache: Deutsch
Autor: Wolfgang Herrndorf
Erscheinungsdatum: 2010
Buchreihe: -
Seitenanzahl: 365 Seiten [meine Ausgabe]
 
Die Verfilmung kommt am 16. September. 2016 in die deutschen Kinos!




 

Inhalt

 
Mutter in der Entzugsklinik, Vater mit Assistentin auf Geschäftsreise: Maik Klingenberg wird die großen Ferien allein am Pool der elterlichen Villa verbringen. Doch dann kreuzt Tschick auf. Tschick, eigentlich Andrej Tschichatschow, kommt aus einem der Asi-Hochhäuser in Hellersdorf, hat es von der Förderschule irgendwie bis aufs Gymnasium geschafft und wirkt doch nicht gerade wie das Musterbeispiel der Integration. Außerdem hat er einen geklauten Wagen zur Hand. Und damit beginnt eine Reise ohne Karte und Kompass durch die sommerglühende deutsche Provinz, unvergesslich wie die Flussfahrt von Tom Sawyer und Huck Finn. 
 
 

Meine Meinung

 

Tschick“ lag über zwei Jahre auf meinem SuB, bevor ich mich endlich dazu durchringen konnte es in die Hand zu nehmen und herauszufinden, warum so viele Menschen von dieser Geschichte so begeistert sind.

Der Leser wird mitten ins Geschehen reingeworfen und muss sich erstmal mit der vorhandenen Situation auseinandersetzen, ebenso wie man mit der sehr knappen Sprache klarkommen muss. Der Autor hat definitiv eine Vorliebe für kurze Sätze gehabt. Stellenweise sind die Sätze so knapp, dass das meinen Lesefluss gestört hat. Auch wenn immer mal wieder ein gewisser Humor durchkommt, der mir durchaus zugesagt hat, hatte ich doch meine Probleme mit der Art und Weise wie die Geschichte erzählt wurde.

Mir gefällt die Grundidee des Buches. Für Roadtrips und die damit verbundenen Gefühle, Sehnsüchte und Erfahrungen bin ich immer zu haben und es war eine willkommene Abwechslung mal nicht von einem spontanen Roadtrip durch das Niemandsland der USA zu lesen. Stattdessen kurven die Protagonisten durch Ostdeutschland und wecken in mir den Wunsch mich ins Auto zu setzen und zu erleben, was meine Heimat mir zu bieten hat.

Maik und Tschick scheinen auf den ersten Blick komplett verschieden zu sein. Ersterer kommt aus wohlhabendem Elternhaus, seine Mutter ist Alkoholikerin und sein Vater ein Arschloch, er ist eher der Außenseiter in der Klasse und scheint keine Freunde zu haben. Außerdem ist er unsterblich in seine Klassenkameradin Tatjana verliebt, weil sie hübsch und beliebt ist. Das mag man noch mit seinem Alter begründen können, aber gut, dazu später mehr.

Tschick kommt aus der Plattenbausiedlung Berlin-Hellersdorf, hat es von der Förderschule irgendwie aufs Gymnasium geschafft und scheint dem Alkohol nicht unbedingt abgeneigt zu sein. Er wirkt die gesamte Zeit über sehr distanziert und kommt nicht wirklich aus sich raus. Es gibt im Verlauf der Geschichte vielleicht zwei Momente in denen er sich wie ein Junge benimmt, der jung ist und verunsichert und seinen ersten richtigen Freund gefunden hat. Das war auch der Grund, warum es mich so gewundert hat, dass diese ganze Idee mit dem Roadtrip von Tschick aus ging. Er wirkte in keinem Moment auch nur ansatzweise begabt, wenn es um den Kontakt zu Menschen ging.

Wie gesagt, die ganze Geschichte mit dem Roadtrip und dem Grund dafür hat mir gefallen, jedoch war es doch stark unrealistisch. Ich kann mir einfach nicht vorstellen das zwei vierzehnjährige Jungs ein Auto klauen und dann mal eben eine Woche durchs Land kurven können. Auch, wenn es nicht an Einfallsreichtum und Kreativität mangelt. Doch einige Szenen wirkten so überzogen und konstruiert das es für mich schon fast lächerlich wirkte.

Zum Ende hin hat Wolfgang Herrndorf dann noch einen drauf gelegt und die beiden Protagonisten in noch unrealistischere Abenteuer gestürzt, kurzzeitig begleitet von Isa, einer unglaublich nervigen Nebenfigur. Die Szene auf dem Schrottplatz zwischen Tschick und Isa war ja noch lustig, aber danach hatte das Mädel ihren Zweck erfüllt und hat einfach nur noch genervt.

Die Freundschaft die sich innerhalb dieser einen Woche zwischen Maik und Tschick entwickelt wurde nicht wirklich thematisiert, hat jedoch irgendwas was sie glaubwürdig und authentisch macht. Solche Abenteuer schweißen zusammen. Die Tatsache, dass sie nicht nur pseudo- tiefgründige Gespräche führen wie manch andere Buchcharaktere (die in anderen Geschichten meine Nerven zersägt haben), sondern auch lockere und lächerliche Unterhaltungen haben hat wunderbar gezeigt, dass die Knallköpfe halt erst vierzehn sind und extrem weltfremd und naiv durch die Gegend tuckern. Das hat wiederum aber wieder für Sympathiepunkte gesorgt, denn mit vierzehn darf man durchaus die eine oder andere spontane Kurzschlussreaktion starten.

Am Rande muss ich anmerken, dass es mir wahnsinnig gefallen hat mal von Charakteren zu lesen die aus meiner Heimat kommen. Damit meine ich nicht Berlin. Ich meine den Bezirk mit dem schlechten Ruf, in dem ich schon mein Leben lang mein Dasein friste. Auch wenn Marzahn-Hellersdorf keine sehr große Rolle in diesem Buch spielt, so ist es einfach die Tatsache, dass es der Ausgangspunkt ist, der Beginn von allem ist, der mir gefallen hat.


Fazit

 

Tschick“ ist ein Buch über einen Roadtrip zweier naiver Jugendlicher die von einem unrealistischen Abenteuer in das Nächste schlittern, während sich eine Verbindung zwischen den Protagonisten aufbaut, die wunderbar authentisch geschrieben wurde. Leider konnte mich das Buch nicht so überzeugen wie viele andere Leute, deswegen ist es aber noch lange nicht schlecht.


 3/5 Sternen

 

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