Dienstag, 10. November 2015

| Rezension | All the bright Places

 

Fakten


Originaltitel: All the bright Places
  Originalsprache: Englisch
Autor: 
Jennifer Niven
Buchreihe: Einzelband
 Seitenanzahl: 378 Seiten
 
die deutsche Ausgabe erscheint am 28. Dezember. 2015
 
 


englisches Cover
deutsches Cover
 

Inhalt


Ein Mädchen lernt zu leben - von einem Jungen, der sterben will

Ist heute ein guter Tag zum Sterben?, fragt sich Finch, sechs Stockwerke über dem Abgrund auf einem Glockenturm, als er plötzlich bemerkt, dass er nicht allein ist. Neben ihm steht Violet, die offenbar über dasselbe nachdenkt wie er. Von da an beginnt für die beiden eine Reise, auf der sie wunderschöne wie traurige Dinge erleben und großartige sowie kleine Augenblicke – das Leben eben. So passiert es auch, dass Finch bei Violet er selbst sein kann – ein verwegener, witziger und lebenslustiger Typ, nicht der Freak, für den alle ihn halten. Und es ist Finch, der Violet dazu bringt, jeden einzelnen Moment zu genießen. Aber während Violet anfängt, das Leben wieder für sich zu entdecken, beginnt Finchs Welt allmählich zu schwinden…

"I'm broken, and no one can fix it. I've tried. I'm still trying." -. S. 227

Meine Meinung


Das größte Problem, das ich mit diesem Buch habe hat eigentlich nichts mit dem Buch an sich zu tun. „All the bright Places“ wurde enorm gehypt, überall gibt es Lobeshymnen auf dieses Buch zu lesen. Deswegen bin ich mit entsprechend hohen Erwartungen an diese Geschichte herangegangen und wurde enttäuscht.

Violet als Protagonistin hat mir überhaupt nicht gefallen. Sie ist zu schwach, zu austauschbar, zu unscheinbar um wirklich Eindruck zu hinterlassen. Sie versteckt sich hinter dem Tod ihrer Schwester. Ja, dies ist ein grauenhafter und tragischer Schicksalsschlag und wenn das auch so rüber kommen würde, wäre das auch vollkommen in Ordnung. Doch, Violet ruht sich praktisch auf dieser Tragödie aus, nimmt sie als Vorwand um nicht mehr am Leben teilzunehmen, was mich nach einiger Zeit doch arg gestört hat.

Finch hingegen hat mir als Protagonist da schon wesentlich besser gefallen. Von Anfang an hat er einen durchgedrehten Eindruck auf mich gemacht, jedoch auf interessante und sympathische Art und Weise. Man will wissen, was mit ihm los ist. Was es mit diesen Ausdrücken „asleep“ und „awake“ auf sich hat, was sich dahinter verbirgt. Finch ist rastlos, unruhig, er muss immer auf Achse sein, etwas zu tun haben, irgendwohin fahren, was für noch mehr Interesse meinerseits gesorgt hat.

Schade ist es, dass Violet und Finch als Paar für mich überhaupt nicht funktionieren. Zum einen ist Finch von Anfang an quasi besessen von Violet, obwohl er niemals wirklich mit ihr geredet hat, bis zum Beginn des Buches. Es scheint schon fast, als sei Violet sein Rettungsanker um „Awake“ zu bleiben, doch in dieser Hinsicht wurde einfach zu wenig Vorarbeit geleistet um diese Tatsache in einen logischen Schachzug zu verwandeln.

Violet lässt Finch am ausgestrecktem Arm verhungern, verurteilt ihn und duldet seine Anwesenheit eigentlich nur. Auch, wenn sie sich in einem angemessenem Tempo zu ihm hingezogen fühlt, so wirft sie all ihre Vorstellungen und Eindrücke und Meinungen quasi über Bord, als es zum ersten Kuss kommt. Alles was ich denken konnte war: „Cool down, guys. Das ist der erste Kuss!“ Und in diesem Tempo geht es weiter. Es werden keine halben Sachen gemacht. Ganz oder gar nicht. Das mag zwar der Philosophie des Buches entsprechen, doch ging in meinen Augen viel zu schnell und wurde nicht ausreichend thematisiert.

Des Weiteren ist man ohne Vorkenntnisse beim Lesen absolut aufgeschmissen. Es wird zwar erwähnt was sein Problem ist, jedoch ist diese Tatsache nur einen Nebensatz wert. Ja, Finch geht es viel um „Labels“ und er möchte eben nicht abgestempelt werden, deswegen wird daraus wahrscheinlich kein großes Thema gemacht, doch das völlige Fehlen einer Erklärung macht es nur umso schwerer das letzte Drittel des Buches zu verstehen und nachvollziehen zu können. Es reicht eben nicht aus mit Wörtern und Begriffen um sich zu schmeißen und diese nicht zu erklären. Soll ich mir jetzt ausdenken, warum er was gemacht hat und was dazu geführt hat oder wie?

Zu allem Überfluss quillt das Buch praktisch über vor klischeebeladenen Randfiguren. Ich möchte sie nicht einmal Nebencharaktere nennen, da sie neben Violet und Finch völlig verkümmern und zu Stichwortgebern degradiert werden. Da hätten wir den besten Kumpel, der nur über Sex redet, die Freunde, die keine sind und denen es nur um Beliebtheit geht, die über fürsorglichen Eltern und die ignoranten Eltern auf der anderen Seite. Die Geschichten der Charaktere konnten mich nicht berühren und wirkten zu konstruiert, auf den Charakter genau angepasst, mit der perfekten Prise Tragik, damit man Mitleid empfindet.

Hin und wieder gab es Lichtblicke; die Szene an der „Before I die“-Wall, oder die Szene in Finch's  Schrank. In diesen Szenen wirken die Charaktere echt und greifbar. Charaktere mit denen man mitfühlen und mitfiebern kann. Leider, waren diese Szenen zu kurz und zu selten, als das mich die Protagonisten auch nur Ansatzweise interessieren könnten.

Für ein Buch ist es wohl kein gutes Zeichen wenn ich nur die Schultern zucke, weil etwas einschneidendes und tragisches passiert ist. Doch, genau so war es. Gut, das Ende war keine wirkliche Überraschung, doch ich hatte trotzdem mit zwei, drei Tränen meinerseits gerechnet. Nichts. Nada. Dafür wurde dieses Ereignis viel zu schnell abgehandelt, zu kalt beschrieben und zu plötzlich fallen gelassen um Platz für eine völlig überflüssige Schnitzeljagd zu machen, die mich am Ende nur noch angeödet hat. Ein gutes Buch sollte mich nicht dazu bringen, ständig zu hoffen, dass das letzte Kapitel erreicht ist.

Trotz all meiner Kritikpunkte muss ich den Schreibstil von Jennifer Niven loben und einfach betonen, dass es einige wirklich schöne Zitate in diesem Buch gibt. „All the bright Places“ hatte unglaublich viel Potenzial, was, meiner Meinung nach, leider überhaupt nicht ausgeschöpft wurde und stattdessen nichts weiter als eine 0-8-15 Liebesgeschichte geworden ist, mit einem tragischen Ende.

Fazit


All the bright Places“ wurde hochgelobt. Ich finde dieses Buch ist ein durchschnittlicher Contemporary Roman, der keine neuen oder originellen Ideen vorzuweisen hat und sich irgendwann im Kreis dreht. Die Charaktere sind austauschbar und klischeebeladen und suhlen sich im Selbstmitleid, was bei mir generell auf Ablehnung stößt. Schade, ich habe sehr viel mehr erwartet.



3/5 Sternen
 


 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen