Ich würde mich jetzt nicht unbedingt
als Hardcore ACDC Fan bezeichnen. Doch sie sind definitiv eine Band
die in meinem Leben immer präsent war. Seit frühster Kindheit
erkenne ich nach dem ersten Takt Lieder wie „Back in Black“,
„TNT“ und „Highway to Hell“.
Als ich also erfuhr dass AC/DC im
Sommer 2015 in Berlin ein Konzert geben würde, überlegte ich lange
ob ich mir eine Karte kaufen sollte. Ich kenne nicht jedes Lied der
Band, die Karten sind verdammt teuer und mein Dienstplan ist zu
unberechenbar um so etwas mit Sicherheit zu planen. Doch, als ich
letzte Woche Mittwoch mit der Chefin der Theaterkasse, die am selben
Bahnhof wie ich arbeitet, eine rauchen war, flüsterte sie mir zu:
„Ich habe gerade Restkarten für AC/DC rein bekommen.“
Ich wurde sofort hellhörig und flüsterte zurück: „Wie teuer?“ Nach einem Blick in meine Finanzen und den Dienstplan kaufte ich zwei Tickets.
Ich wurde sofort hellhörig und flüsterte zurück: „Wie teuer?“ Nach einem Blick in meine Finanzen und den Dienstplan kaufte ich zwei Tickets.
Mutti und ich vor dem Konzert |
Nachdem ich mich Mittwoch/Donnerstag
durch eine spontane und unerwartete Nachtschicht an meinem freien Tag
gequält hatte gingen meine Mutter und ich los. Ja, ich bin mit
meiner Mutter zu einem Konzert gegangen. Das scheinen bisher alle
sehr komisch gefunden zu haben. Wir tingelten einmal durch die
komplette Stadt und schon bei uns in der Ecke sahen wir haufenweise
Leute mit ACDC-Shirts.
Das Konzert war im Olympiastadion,
ausverkauft, voll, überall Menschen. Überall schwitzende, laute,
betrunkene Menschen. Ich hatte nur drei Wutanfälle, das ist ein
Rekord! Nachdem wir uns durch die Kartenkontrolle gewurschtelt
hatten, hieß es den Merchandising Stand suchen. Ich breche auch bei
einem Konzert mit 70 000 Besuchern nicht mit meiner Tradition, dass
ich ein verdammtes Band T-Shirt haben will! Also anstellen, drängeln,
aufregen, drängeln, versuchen in der Menschenmasse die Kohle aus der
Tasche zu fischen, nochmal drängeln und dann endlich ein
überteuertes T-Shirt kaufen. Aber, egal!
Auf dem Weg zurück durch die
Menschenmenge war ich zwar ein bisschen rücksichtsloser, aber das
war mir in dem Moment so was von egal. Danach hieß es, ums Stadion
herumlaufen und unsere Plätze suchen. Da wir noch relativ billige
Karten hatten (trotzdem die teuerste Konzertkarte die ich jemals
gekauft habe), hatten wir Sitzplätze, irgendwo am Rand. Aber ich bin
mal ganz ehrlich: so gerne ich die Atmosphäre unten in der Menge
auch mag und fasziniert von der Stimmung bin, so sehr hasse ich es
zwischen tausenden von Menschen eingequetscht zu sein, mich nicht
bewegen zu können, keinen Ausweg zu haben und stundenlang auf die
Band warten zu müssen. Bei einem Konzert mit 500 Menschen ist das
erträglich. Bei 70 000 Menschen schon etwas weniger.
Wir kamen gerade rein als die erste
Vorband spielte. Kannte ich nicht, mochte ich nicht, interessierte
mich nicht. Es war schon interessant wie viele Menschen
unterschiedlichster Altersgruppen versammelt waren. Neben mir saß
ein kleiner Junge, höchstens sechs Jahre alt. Vor mir saßen zwei
absolut nervige Italiener. Hinter mir eine Gruppe von Männern in
ihren 40ern. Ich habe sogar einen Opa mit Gehstock gesehen. Unten in
der Menschenmenge schien es friedlich zuzugehen. Die Sanitäter
wurden sogar kommentarlos durchgelassen, als jemand anscheinend
zusammenbrach.
Die zweite Vorband war „Vintages
Trouble“. Von denen habe ich noch nie etwas gehört und werde wohl
auch nie wieder etwas von denen hören. Die Art von Musik hat mir
einfach nicht gefallen. Aber Stimmung haben sie gemacht. Der Sänger
hat sich auch schön in die Menge geworfen. Er wusste definitiv wie
er eine Menge zu unterhalten hat, die seit Stunden im Sonnenschein
und zwischen anderen eingekeilt warten.
Ich und Mutti kurz vor dem Beginn des Konzerts |
Relativ pünktlich gegen 20.45 Uhr ging
es dann los. Die Menge fing an zu pfeifen und zu klatschen,
verlangten endlich den Hauptact. Mit einem visuellen Intro
erstklassiger Art, in ein Meteoriteneinschläge nachgestellt wurde
und Feuerfontänen gezündet wurden legte AC/DC mit „Rock or Bust“
los. Es war laut. Ich weiß, das klingt jetzt total dumm. Rockkonzert
und so weiter. Aber es war echt richtig, richtig, richtig laut. Die
Menge drehte durch, klatschte, sprang, tanzte, sang, wedelte wie
bekloppt mit den Armen. Ich war zwischendurch so beeindruckt von der
Menschenmasse die feierte, dass ich AC/DC ignorierte, während Brian
Johnson ins Mikro kreischte und sang, oder wie auch immer man das
bezeichnet, wie er da seine Töne von sich gibt, die ja nicht mehr
viel mit Singen zu tun haben, egal wie genial das klingt.
Auch wenn meine Mutter und ich nicht
unbedingt die beste Sicht hatten, geht es darum das man da ist. Diese
Atmosphäre spürt, die Band sieht und hört, die Menschenmasse sieht
und hört. Eine Arbeitskollegin von mir hat es letztens ziemlich
treffend beschrieben: „Wenn man auf diese Art von Musik steht,
gehört AC/DC zu den Bands die man einmal im Leben gesehen haben
sollte.“
Die ersten Senioren haben sich schon
Ohrstöpsel und Taschentücher in die Ohren gestopft, während ich
eher dumm geguckt habe. Da hüpfen die 60-jährigen Opas und Omas wie
die Teenies herum, brüllen und singen, Teufelshörner aufm Kopp und
dann Taschentücher in die Ohren? Fand ich irgendwie total süß
anzusehen. Und hätte ich mal auch machen soll. Die Akustik im
Olympiastadtion ist nicht unbedingt die Beste und meine Ohren waren
am Ende des Abends ziemlich hinüber.
"Rock or Bust" |
Es ging weiter mit zwei, drei Liedern
bevor die ersten Klänge eines meiner absoluten Lieblingslieder der
Band zu hören waren. „Back in Black“. Nach zwei Liedern in denen
die Menschenmasse vergleichsweise ruhig und zurückhaltend war,
sprangen nun alle wieder auf, hüpften herum und brüllten den
Songtext mit.
Brian Johnson und Angus Young sind über
die Bühne gerockt, wie man wohl nur hoffen kann, es in diesem Alter
noch zu können. Es rumste und knallte und schepperte und war einfach
eine total geniale Stimmung. Hin und wieder hat er sich beim Singen
hingekniet und es sah ganz so aus, als würde er nicht mehr wirklich
hochkommen. Aber, ich habe riesigen Respekt davor in diesem Alter,
nach so vielen Jahren, nicht die Schnauze voll davon zu haben immer
und immer wieder die selben Songs zu schmettern.
"Back in Black" |
Danach war eine Minute Ruhe. Es erklang
ein einziger Takt und der Typ hinter mir rammte mir seine brennende
Zigarette gegen die Schulter, als er aufsprang und brüllte
„Whoaaaaa, jaaaaaaaaaa, THUNDERSTRUCK!“ Und so war es auch.
"Thunderstruck" |
Nach vier weiteren Liedern litt ich
schon unter Kopfschmerzen und nahender Taubheit, aber das war mir
herzlich egal. Ich grinste, klatschte, brüllte, sang und johlte.
Inzwischen hatten die Sicherheitsleute unten im Gedränge einen
Unruhestifter unsanft entfernt und ihn aus dem Stadion getragen. Als
sie zwei Reihen vor uns vorbeiliefen, konnte ich bis zu meinem Platz
seine Alkoholfahne riechen.
Während es immer dunkler wurde,
blinkten immer mehr rote Lichter. Das waren diese Teufelshörner die
man sich draußen kaufen konnte. Das Blinken macht einen auf Dauer
echt kirre in der Birne, aber irgendwie war es auch ganz cool
anzusehen wie die blinkenden Lichter immer auf und ab hüpfen und hin
und her wackeln.
Wieder eine Minute Ruhe, bevor eine
riesige Glocke anfing zu läuten. Sherlock Holmes hinter mir brüllte
wieder den Titel für uns alle, diesmal ohne mir Verbrennungen
zuzufügen. Als „Hells Bells“ anfing klang Brian Johnson schon
ordentlich heiser, oder wie meine Mutter mir lautstark ins Ohr
brüllte: „Ist der heiser? Der klingt ja immer heiser, aber ist der
jetzt heiser heiser oder bin ich für immer hörgeschädigt?“
"Hells Bells" |
Während die Dämmerung der Nacht wich
und Angus Young sich immer mehr seiner Schuluniform entledigte wurden
die nächsten Songs gespielt. Die Stimmung war immer noch geil, es
war immer noch laut und was mir vor allem an der gesamten Show
gefallen hat ist, dass AC/DC braucht kein Glitzerfirlefanz, keine
Extras. Nöö, die machen ihre Musik, guten, alten, soliden Hard Rock
und begeistern Menschen jeder Altersgruppe. Der sechsjährige neben
mir kannte mehr Songtexte als ich, nur mal so am Rande.
Relativ zum Ende hin wurde dann „TNT“
gespielt. Das waren wohl die lautesten Minuten meines Lebens. Nicht
nur dass die Musik sehr laut war, ich habe noch nie eine so laute
Menschenmasse dauernd „Oi“ brüllen hören. Und das vollkommen
synchron, beim brüllen immer schön die rechte Faust in die Luft
schmeißen und hüpfen. Sah verdammt geil aus. Und dann beim ersten
Refrain sind alle völlig ausgerastet. Ich glaube, dass war auch das
Lied, bei dem die Sanitäter sich durch die Menge boxen mussten und
jemanden raus getragen haben.
"TNT" |
Kurz danach kam ein zwanzigminütiges
(gefühlt, kann auch länger gewesen sein) Gitarrensolo von Angus
Young. Der Laufsteg, oder wie das heißt, wurde nach oben gefahren
und mit der Bühne verbunden, damit er da lang rocken konnte. Und wie
er gerockt hat. Durch die große Leinwand, hat man ihn ja nun aus der
Nähe gesehen. Ich war vollkommen baff davon wie schnell sich seine
Finger über die Saiten bewegten. Alles was ich denke konnte war:
„Ich will das auch können!“
Er spielte und spielte, stieg in einen
kleinen abgegrenzten Kreis, schmiss sich auf den Boden, spielte
weiter, das Podest wurde hochgefahren, ein Konfettiregen explodierte,
segelte langsam und glitzernd über die Menge, während er immer noch
spielte, als gäbe es kein Morgen. Er spielte und spielte und
spielte, mindestens fünfzehn Minuten, während ich einfach nur
völlig begeistert war und mit allen anderen im Takt klatschte und
alle fünf Sekunden brüllte und johlte.
Zu meiner Schande muss ich gestehen,
dass meine Mutter und ich danach unsere Plätze verließen. Sechs
Stunden, überfüllte öffentliche Klos und Liter über Liter von
Cola haben mich dazu gezwungen zum Klocontainer zu rennen. Als ich
gerade die Toilettenakrobatik vollführte, die man perfektioniert
wenn man an einem versifften Bahnhof arbeitet, erklang mein absolutes
Lieblingslied von AC/DC „Highway to Hell“. Ich stand am
Waschbecken, wusch mir die Hände und sang mit drei völlig fremden
Frauen lauthals „I'm on a Highway to hell“
Danach beschlossen meine Mutter und ich
dass wir schon zum Bahnhof laufen, damit wir noch eine relativ leere
Bahn erwischen. Hatten ja nur 300 andere Menschen die selbe Idee wie
wir. Nachdem ich mir am Bahnhofskiosk eine heilige Cola gekauft habe
(3,50€ FÜR EINE COLA) standen wir auf dem Bahnhof während wir
durch unsere absolut kaputten Ohren, gedämpft "For Those About
To Rock (We Salute You)" hörten, gefolgt von einem nett
anzusehenden Feuerwerk, welches wir wohl besser sehen konnten, als
die Zehntausende Fans die noch im Stadion waren und sich im Anschluss
in volle Bahnen zwängen durften.
Nach einer fünfzig minütigen nach
Hause fahrt fiel ich halb tot in mein Bett und verfluchte den
nächsten Tag, an dem es wieder hieß: Nachtschicht. Aber das ist
egal. Ich habe AC/DC live gesehen. Die Männer, deren Musik ich seit
frühster Kindheit kenne, höre, liebe, singe und genieße. Man weiß
nicht, ob AC/DC nochmal nach Berlin kommen wird. Wenn nicht, dann war
ich beim letzten Berlinkonzert dabei, habe alles gehört und gesehen.
Wenn nicht, dann werde ich definitiv nochmal dabei sein, ein weiteres
Mal abgehen wie Bolle, singen, tanzen, hüpfen, brüllen und einen
Scheiß drauf geben, dass ich völlig übermüdet bin und ein
Vermögen ausgegeben habe.
Kaputt, müde und happy :D |
Ich habe überwiegend Videos gemacht, deswegen die schlechte Qualität. Aber hochladen kann ich die Videos nicht wirklich. Beziehungsweise bin ich dafür wohl zu eingeschränkt in meinen Hirnaktivitäten, bei all dem Stress und der Arbeit :D
Mein Fazit? Laut, geil, geniale Atmosphäre. Würde ich jederzeit wieder machen :)
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