Freitag, 26. Juni 2015

| Musikgebrabbel #2| Konzertedition AC/DC (25.06.15 Berlin, Olympiastadion)


 

Ich würde mich jetzt nicht unbedingt als Hardcore ACDC Fan bezeichnen. Doch sie sind definitiv eine Band die in meinem Leben immer präsent war. Seit frühster Kindheit erkenne ich nach dem ersten Takt Lieder wie „Back in Black“, „TNT“ und „Highway to Hell“.


Als ich also erfuhr dass AC/DC im Sommer 2015 in Berlin ein Konzert geben würde, überlegte ich lange ob ich mir eine Karte kaufen sollte. Ich kenne nicht jedes Lied der Band, die Karten sind verdammt teuer und mein Dienstplan ist zu unberechenbar um so etwas mit Sicherheit zu planen. Doch, als ich letzte Woche Mittwoch mit der Chefin der Theaterkasse, die am selben Bahnhof wie ich arbeitet, eine rauchen war, flüsterte sie mir zu: „Ich habe gerade Restkarten für AC/DC rein bekommen.“
Ich wurde sofort hellhörig und flüsterte zurück: „Wie teuer?“ Nach einem Blick in meine Finanzen und den Dienstplan kaufte ich zwei Tickets.

 
Mutti und ich vor dem Konzert

 
Nachdem ich mich Mittwoch/Donnerstag durch eine spontane und unerwartete Nachtschicht an meinem freien Tag gequält hatte gingen meine Mutter und ich los. Ja, ich bin mit meiner Mutter zu einem Konzert gegangen. Das scheinen bisher alle sehr komisch gefunden zu haben. Wir tingelten einmal durch die komplette Stadt und schon bei uns in der Ecke sahen wir haufenweise Leute mit ACDC-Shirts.

 
Das Konzert war im Olympiastadion, ausverkauft, voll, überall Menschen. Überall schwitzende, laute, betrunkene Menschen. Ich hatte nur drei Wutanfälle, das ist ein Rekord! Nachdem wir uns durch die Kartenkontrolle gewurschtelt hatten, hieß es den Merchandising Stand suchen. Ich breche auch bei einem Konzert mit 70 000 Besuchern nicht mit meiner Tradition, dass ich ein verdammtes Band T-Shirt haben will! Also anstellen, drängeln, aufregen, drängeln, versuchen in der Menschenmasse die Kohle aus der Tasche zu fischen, nochmal drängeln und dann endlich ein überteuertes T-Shirt kaufen. Aber, egal!


Auf dem Weg zurück durch die Menschenmenge war ich zwar ein bisschen rücksichtsloser, aber das war mir in dem Moment so was von egal. Danach hieß es, ums Stadion herumlaufen und unsere Plätze suchen. Da wir noch relativ billige Karten hatten (trotzdem die teuerste Konzertkarte die ich jemals gekauft habe), hatten wir Sitzplätze, irgendwo am Rand. Aber ich bin mal ganz ehrlich: so gerne ich die Atmosphäre unten in der Menge auch mag und fasziniert von der Stimmung bin, so sehr hasse ich es zwischen tausenden von Menschen eingequetscht zu sein, mich nicht bewegen zu können, keinen Ausweg zu haben und stundenlang auf die Band warten zu müssen. Bei einem Konzert mit 500 Menschen ist das erträglich. Bei 70 000 Menschen schon etwas weniger.

Wir kamen gerade rein als die erste Vorband spielte. Kannte ich nicht, mochte ich nicht, interessierte mich nicht. Es war schon interessant wie viele Menschen unterschiedlichster Altersgruppen versammelt waren. Neben mir saß ein kleiner Junge, höchstens sechs Jahre alt. Vor mir saßen zwei absolut nervige Italiener. Hinter mir eine Gruppe von Männern in ihren 40ern. Ich habe sogar einen Opa mit Gehstock gesehen. Unten in der Menschenmenge schien es friedlich zuzugehen. Die Sanitäter wurden sogar kommentarlos durchgelassen, als jemand anscheinend zusammenbrach.

Die zweite Vorband war „Vintages Trouble“. Von denen habe ich noch nie etwas gehört und werde wohl auch nie wieder etwas von denen hören. Die Art von Musik hat mir einfach nicht gefallen. Aber Stimmung haben sie gemacht. Der Sänger hat sich auch schön in die Menge geworfen. Er wusste definitiv wie er eine Menge zu unterhalten hat, die seit Stunden im Sonnenschein und zwischen anderen eingekeilt warten.

Ich und Mutti kurz vor dem Beginn des Konzerts

 
Relativ pünktlich gegen 20.45 Uhr ging es dann los. Die Menge fing an zu pfeifen und zu klatschen, verlangten endlich den Hauptact. Mit einem visuellen Intro erstklassiger Art, in ein Meteoriteneinschläge nachgestellt wurde und Feuerfontänen gezündet wurden legte AC/DC mit „Rock or Bust“ los. Es war laut. Ich weiß, das klingt jetzt total dumm. Rockkonzert und so weiter. Aber es war echt richtig, richtig, richtig laut. Die Menge drehte durch, klatschte, sprang, tanzte, sang, wedelte wie bekloppt mit den Armen. Ich war zwischendurch so beeindruckt von der Menschenmasse die feierte, dass ich AC/DC ignorierte, während Brian Johnson ins Mikro kreischte und sang, oder wie auch immer man das bezeichnet, wie er da seine Töne von sich gibt, die ja nicht mehr viel mit Singen zu tun haben, egal wie genial das klingt.

 
Auch wenn meine Mutter und ich nicht unbedingt die beste Sicht hatten, geht es darum das man da ist. Diese Atmosphäre spürt, die Band sieht und hört, die Menschenmasse sieht und hört. Eine Arbeitskollegin von mir hat es letztens ziemlich treffend beschrieben: „Wenn man auf diese Art von Musik steht, gehört AC/DC zu den Bands die man einmal im Leben gesehen haben sollte.“

Die ersten Senioren haben sich schon Ohrstöpsel und Taschentücher in die Ohren gestopft, während ich eher dumm geguckt habe. Da hüpfen die 60-jährigen Opas und Omas wie die Teenies herum, brüllen und singen, Teufelshörner aufm Kopp und dann Taschentücher in die Ohren? Fand ich irgendwie total süß anzusehen. Und hätte ich mal auch machen soll. Die Akustik im Olympiastadtion ist nicht unbedingt die Beste und meine Ohren waren am Ende des Abends ziemlich hinüber.

"Rock or Bust"


 
Es ging weiter mit zwei, drei Liedern bevor die ersten Klänge eines meiner absoluten Lieblingslieder der Band zu hören waren. „Back in Black“. Nach zwei Liedern in denen die Menschenmasse vergleichsweise ruhig und zurückhaltend war, sprangen nun alle wieder auf, hüpften herum und brüllten den Songtext mit.

Brian Johnson und Angus Young sind über die Bühne gerockt, wie man wohl nur hoffen kann, es in diesem Alter noch zu können. Es rumste und knallte und schepperte und war einfach eine total geniale Stimmung. Hin und wieder hat er sich beim Singen hingekniet und es sah ganz so aus, als würde er nicht mehr wirklich hochkommen. Aber, ich habe riesigen Respekt davor in diesem Alter, nach so vielen Jahren, nicht die Schnauze voll davon zu haben immer und immer wieder die selben Songs zu schmettern.

"Back in Black"


 
Danach war eine Minute Ruhe. Es erklang ein einziger Takt und der Typ hinter mir rammte mir seine brennende Zigarette gegen die Schulter, als er aufsprang und brüllte „Whoaaaaa, jaaaaaaaaaa, THUNDERSTRUCK!“ Und so war es auch. 

"Thunderstruck"
 
Nach vier weiteren Liedern litt ich schon unter Kopfschmerzen und nahender Taubheit, aber das war mir herzlich egal. Ich grinste, klatschte, brüllte, sang und johlte. Inzwischen hatten die Sicherheitsleute unten im Gedränge einen Unruhestifter unsanft entfernt und ihn aus dem Stadion getragen. Als sie zwei Reihen vor uns vorbeiliefen, konnte ich bis zu meinem Platz seine Alkoholfahne riechen.

Während es immer dunkler wurde, blinkten immer mehr rote Lichter. Das waren diese Teufelshörner die man sich draußen kaufen konnte. Das Blinken macht einen auf Dauer echt kirre in der Birne, aber irgendwie war es auch ganz cool anzusehen wie die blinkenden Lichter immer auf und ab hüpfen und hin und her wackeln.


Wieder eine Minute Ruhe, bevor eine riesige Glocke anfing zu läuten. Sherlock Holmes hinter mir brüllte wieder den Titel für uns alle, diesmal ohne mir Verbrennungen zuzufügen. Als „Hells Bells“ anfing klang Brian Johnson schon ordentlich heiser, oder wie meine Mutter mir lautstark ins Ohr brüllte: „Ist der heiser? Der klingt ja immer heiser, aber ist der jetzt heiser heiser oder bin ich für immer hörgeschädigt?“

"Hells Bells"

 
Während die Dämmerung der Nacht wich und Angus Young sich immer mehr seiner Schuluniform entledigte wurden die nächsten Songs gespielt. Die Stimmung war immer noch geil, es war immer noch laut und was mir vor allem an der gesamten Show gefallen hat ist, dass AC/DC braucht kein Glitzerfirlefanz, keine Extras. Nöö, die machen ihre Musik, guten, alten, soliden Hard Rock und begeistern Menschen jeder Altersgruppe. Der sechsjährige neben mir kannte mehr Songtexte als ich, nur mal so am Rande.

Relativ zum Ende hin wurde dann „TNT“ gespielt. Das waren wohl die lautesten Minuten meines Lebens. Nicht nur dass die Musik sehr laut war, ich habe noch nie eine so laute Menschenmasse dauernd „Oi“ brüllen hören. Und das vollkommen synchron, beim brüllen immer schön die rechte Faust in die Luft schmeißen und hüpfen. Sah verdammt geil aus. Und dann beim ersten Refrain sind alle völlig ausgerastet. Ich glaube, dass war auch das Lied, bei dem die Sanitäter sich durch die Menge boxen mussten und jemanden raus getragen haben.

"TNT"  
 
Kurz danach kam ein zwanzigminütiges (gefühlt, kann auch länger gewesen sein) Gitarrensolo von Angus Young. Der Laufsteg, oder wie das heißt, wurde nach oben gefahren und mit der Bühne verbunden, damit er da lang rocken konnte. Und wie er gerockt hat. Durch die große Leinwand, hat man ihn ja nun aus der Nähe gesehen. Ich war vollkommen baff davon wie schnell sich seine Finger über die Saiten bewegten. Alles was ich denke konnte war: „Ich will das auch können!“

Er spielte und spielte, stieg in einen kleinen abgegrenzten Kreis, schmiss sich auf den Boden, spielte weiter, das Podest wurde hochgefahren, ein Konfettiregen explodierte, segelte langsam und glitzernd über die Menge, während er immer noch spielte, als gäbe es kein Morgen. Er spielte und spielte und spielte, mindestens fünfzehn Minuten, während ich einfach nur völlig begeistert war und mit allen anderen im Takt klatschte und alle fünf Sekunden brüllte und johlte.



Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass meine Mutter und ich danach unsere Plätze verließen. Sechs Stunden, überfüllte öffentliche Klos und Liter über Liter von Cola haben mich dazu gezwungen zum Klocontainer zu rennen. Als ich gerade die Toilettenakrobatik vollführte, die man perfektioniert wenn man an einem versifften Bahnhof arbeitet, erklang mein absolutes Lieblingslied von AC/DC „Highway to Hell“. Ich stand am Waschbecken, wusch mir die Hände und sang mit drei völlig fremden Frauen lauthals „I'm on a Highway to hell“

Danach beschlossen meine Mutter und ich dass wir schon zum Bahnhof laufen, damit wir noch eine relativ leere Bahn erwischen. Hatten ja nur 300 andere Menschen die selbe Idee wie wir. Nachdem ich mir am Bahnhofskiosk eine heilige Cola gekauft habe (3,50€ FÜR EINE COLA) standen wir auf dem Bahnhof während wir durch unsere absolut kaputten Ohren, gedämpft "For Those About To Rock (We Salute You)" hörten, gefolgt von einem nett anzusehenden Feuerwerk, welches wir wohl besser sehen konnten, als die Zehntausende Fans die noch im Stadion waren und sich im Anschluss in volle Bahnen zwängen durften.

Nach einer fünfzig minütigen nach Hause fahrt fiel ich halb tot in mein Bett und verfluchte den nächsten Tag, an dem es wieder hieß: Nachtschicht. Aber das ist egal. Ich habe AC/DC live gesehen. Die Männer, deren Musik ich seit frühster Kindheit kenne, höre, liebe, singe und genieße. Man weiß nicht, ob AC/DC nochmal nach Berlin kommen wird. Wenn nicht, dann war ich beim letzten Berlinkonzert dabei, habe alles gehört und gesehen. Wenn nicht, dann werde ich definitiv nochmal dabei sein, ein weiteres Mal abgehen wie Bolle, singen, tanzen, hüpfen, brüllen und einen Scheiß drauf geben, dass ich völlig übermüdet bin und ein Vermögen ausgegeben habe.

Kaputt, müde und happy :D


Ich habe überwiegend Videos gemacht, deswegen die schlechte Qualität. Aber hochladen kann ich die Videos nicht wirklich. Beziehungsweise bin ich dafür wohl zu eingeschränkt in meinen Hirnaktivitäten, bei all dem Stress und der Arbeit :D

Mein Fazit? Laut, geil, geniale Atmosphäre. Würde ich jederzeit wieder machen :)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen